Gemeinheiten
Donnerstag, 13. September 2007
In Würde altern
Schaue ich mir meine Eltern an, die ja schon fast 80 Jahre alt sind, sehe ich eine ganz andere Generation.
Die letzten Kriegsjahre haben Sie noch mitbekommen. Angst, Verluste und Hunger kennen sie. Das hat geprägt.

Die Wirtschaftswunderzeit ist ihnen ebenfalls zuteil geworden. Heute, schon längst berentet, ist es für sie immer noch ein Luxus, sich etwas zu gönnen.

Im Keller hortet meine Mama kiloweise eingekochtes Obst. Birnen, Pflaumen – alles was sie bekommen kann.

Gelees und Marmeladen in alles Variationen belagern die Regale. Mindestens 10 Liter H-Milch bevorratet sie, ganz zu schweigen von dem riesigen Eisschrank, in dem Gefriergut für nachfolgende Generationen schlummert.

Aber auf die Idee, sich krampfhaft jung halten zu wollen, kommt meine Mama nicht, ebenso wie andere Frauen ihres Alters. Sie sind wie sie sind und das ist doch auch wunderbar

Schaue ich mir heute die Generation 21 Jahrhundert an, sehe ich lauter junge Menschen mit schönen Tätowierungen (ich habe selbst eine kleine), vielen Piercings und coolen Klamotten. Es wird munter operiert, gespritzt und nachgeholfen. Denn wenn man erst einmal 20 ist, wird es Zeit sich für das Leben zu präparieren. Wie oft hört man junge Frauen über ihre Oberweite jammern und darüber, dass sie sich nichts sehnlicher wünschen als Silikon unter der Haut. Lange Haare müssen her, kein Problem. Extension täuscht Fülle vor. Fett absaugen – warum nicht? Solange man noch junge genug ist, alles kein Problem.

Jetzt stellen wir uns bitte mal die ganzen mittellosen Rentner vor, die überfüllte Altenheime belagern. Das sitzen sie also mit ihren mittlerweile verblassten Tribals, verdeckt von faltiger Haut oder überschürzendem Fett. Ausgedehnte Arschgeweihe, die peinlich von Anti-Dekubituswindeln überdeckt werden und Piercings die im Laufe der Jahrzehnte hässliche, große Löcher hinterlassen haben. Silicon verhärtet oder verrutscht. Aufgespritzte Lippen sinken in sich zusammen. Extension hinterlässt kahle Stellen und zuviel Färben ist ungesund. Kleidung die einfach unpassend ist und der krampfhafte Versuch partout für jünger gehalten zu werden erregen doch nur Mitleid.

Es gibt keine Vorratshaltung mehr, Rente sowieso nicht. Es wird sein wie früher. Die die am meisten reden, am besten schleimen und ihre Unfähigkeit hinter alten Geschichten und Titeln verbergen können – die werden als erste abgefüttert.

Auch wenn ich manchmal darüber nachdenke, ob ich nicht auch einmal Geld für ein Lifting zur Seite legen muss, mich entsetzt über neue Besenreiser ärgere oder über die nachlassende Elastizität der Haut beklage: Ich möchte mir meinen eigenen peinlichen Anblick im Alter ersparen.

Lass sie doch alle als Sondermüll irgendwo landen. Meine sterblichen Überreste sind auf jeden Fall menschlich.

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Letzte Aktualisierung: 2007.10.10, 16:01
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